Flaut Cholera-Epidemie langsam ab?

Menschen schöpfen Wasser an einem Brunnen an der Strasse. Lusaka. Sambia
Cholera beginnt mit verschmutztem Wasser. © Friederike Schulze

Klimawandel als Ursache für Cholera und Dürre

In Sambia scheint sich die Cholera-Situation zu entspannen. Die Schulen sind wieder geöffnet, die Infektionszahlen gehen zurück. Doch für ein Aufatmen scheint es noch zu früh. Fachleute befürchten, dass der Klimawandel nun zu Dürre und Hunger führt.

Der Verdacht auf einen Cholera-Ausbruch an Bord des Kreuzfahrtschiffes „Norwegian Dawn“ hat die internationale Aufmerksamkeit erneut auf die Situation im südlichen Afrika gelenkt. In Sambia ist die Situation besonders bedrohlich: „Sambia hat mit einem der schlimmsten Cholera-Ausbrüche der letzten Jahre zu kämpfen“, vermeldete das Kinderhilfswerk Unicef im Januar. „Neun der zehn Provinzen sind von der Epidemie betroffen. Mehr als die Hälfte der Patienten sind Kinder unter 15 Jahren.“

Cholera hat Sambia fest im Griff

Fast 20.000 Cholera-Fälle wurden bislang gemeldet, knapp 700 Tote sind zu beklagen. Und: Schulen im ganzen Land waren wochenlang geschlossen; in Lusaka werden Erkrankte im Fußballstadion behandelt; an Beerdigungen dürfen maximal fünf Menschen teilnehmen. Der Präsident des Landes, Hakainde Hichilema, empfahl den Stadtbewohnern, vorübergehend aufs Land zu ziehen. „Ein Ausnahmezustand, der betroffen und traurig macht“, so Afrika-Koordinator Dr. Volker Waffenschmidt.

Drei Monate nach dem Ausbruch der Epidemie hatte Sambia im Januar 1,7 Millionen Dosen Schluckimpfstoff von den Vereinten Nationen erhalten.

Cholera wird durch das Bakterium Vibrio cholerae ausgelöst, das im Darm ein Gift bildet. Viele Infektionen verlaufen symptomlos. Doch in schweren Fällen können der starke Flüssigkeits- und Salzverlust binnen Stunden zu Kreislaufkollaps und Muskelkrämpfen – und gar zum Tod führen.

Die Cholera-Bakterien sind vor allem in schmutzigem Trinkwasser und verunreinigten Lebensmitteln zu finden. „Cholera ist eine Seuche der Ungleichheit", betont Unicef. Die Krankheit betreffe vor allem arme und verwundbare Menschen; diejenigen, die keinen Zugang zu sauberem Wasser haben und die unter schlechten hygienischen Bedingungen leben.

Klimawandel: Erst Trockenheit, dann Starkregen

Und: Schuld sei auch der Klimawandel, betonen Experten. „Die Epidemie jetzt ist erst der Anfang, eine Art Weckruf“, so Professor Roma Chilengi vom staatlichen Zambia National Public Health Institute gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. „Die Entwicklungsländer stehen wegen des Klimawandels vor massiven Problemen. Das sollten endlich alle begreifen.“

Ähnlich äußert sich Jessica Bwali, eine der bekanntesten Klimaaktivistinnen Sambias: „Früher kamen die Regen am 24. Oktober, man konnte die Uhr danach stellen. Heute warten wir manchmal bis Januar auf Niederschlag, und dann fällt plötzlich extrem viel auf einmal. Die Leute nehmen das wahr, aber sie wissen nicht, dass der Klimawandel dahintersteckt“, betont Bwali.

Konkret: Wegen der immer später einsetzenden Regenzeit wird ab Oktober das Wasser knapp, die Leitungen bleiben trocken. Viele Menschen weichen in dieser Zeit auf unsichere Wasserquellen aus, etwa auf flach gegrabene Brunnen. Dort hatte der jüngste Cholera-Ausbruch im vergangenen Herbst seinen Ursprung. Als dann zum Ende des Jahres 2023 schwere Regengüsse folgten, mischten sich Cholera-verseuchte Fäkalien aus Außentoiletten mit dem Trinkwasser.

Nun wächst die Angst vor einer Hungerkatastrophe

Mittlerweile sind die Cholera-Zahlen im Land rückläufig. Doch es drohen neue Schrecken: „Was die Menschen hier sorgt, ist die Tatsache, dass die Regenzeit de facto ausgeblieben ist. Die Starkregen mit massiven Überflutungen zu Beginn des Jahres waren keine Hilfe. Der Boden konnte das Wasser nicht aufnehmen. Nun können wir dem Mais quasi beim Verdorren zusehen“, berichten Martina Kaupen und Robin Ogden, die seit Dezember das Gossner-Verbindungsbüro in Lusaka leiten und nun erstmals in den Süden des Landes fahren konnten.

„Nach Einschätzungen von Fachleuten steuert das gesamte südliche Afrika auf eine große Hungerkatastrophe zu. Schon jetzt sehen wir – aufgrund der Inflation und der großen Armut in Stadt und Land – die Mangelernährung der Menschen.“ Die beiden Gossner-Mitarbeitenden befürchten: „Die Situation wird sich in naher Zukunft eher verschlimmern.“

Zur Cholera-Situation in Sambia (Video 6:41 min., Der Spiegel 20.02.2024) >>

Ein Interview mit Klimaaktivistin Jessica Bwali in der Gossner-Zeitschrift in 2023 >>